Zeltwanderung: Transversale längs den Sierras Almijara und Tejeda (2. Tag: Cortijo del Iman - Venta Panaderos, 30. März 2011)

Bis die Sonne den dicken Nebel aufgelöst hatte dauerte es (Bild 1). Von der schönen Hoya del Iman steigt ein schmaler und sich ebenfalls renaturierender Pfad nach Norden an, um den Cerro Tres Lindes und den Barranco Llano herum (Wp 1, Bild 2) und, tatsächlich, er entwickelt sich allmählich in die überwachsenen Reste einer verlassenen Piste. Sie verbindet den Puerto de Frigiliana mit der Fabrica del Iman im Quellbereich des Rio Chillar und war vermutlich bis zum Cortijo del Iman verlängert worden, zumindest als Maultierpfad.

Ich ziehe es vor, diesen Bergkessel unterhalb der Piedra Sillada als Tajos de la Ventosilla zu bezeichnen (Bild 3). Der offizielle Name ist zwar Lomas de la Ventosilla, aber der Begriff "Loma" (Anhöhe, Abhang oder so ähnlich) erscheint mir viel zu schwach für die Scenerie die sich hier präsentiert. In den Französischen Pyrenäen ist dafür der Namen "Cirque" gebräuchlich. Zwei mal war ich in dieser abgelegensten Gegend der ganzen Sierra, aber die Ruine der Fabrica habe ich nicht gesehen. Nun ja, ich habe auch nicht sehr intensiv gesucht. Meine Aufmerksamkeit galt mehr der großartigen Landschaft. Wohl kein Fehler, wird aber der durchaus interessanten Historie dieser Gegend nicht gerecht. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, bestand La Fabrica del Iman früher aus einer ganzen Ansammlung von Hütten, in denen Hirten die Sommermonate verbrachten und z.B. Käse zu produzieren. Auch war es ein Anlaufpunkt für die Erztransporte von den nahen Minen von San Jose zur Küste. Noch im letzten Jahrhundert soll hier ein reges Kommen und Gehen geherrscht haben, bis die Gegend vor 60, 70 Jahren von den Menschen Verlassen und der Natur überlassen wurde.

In der Hoya del Chillar ist nach etwa 40 Minuten die größte Flußnähe erreicht. Von hier aus sollte es möglich sein, für eine alternative Rückkehr, die Flußstrecke des Rio Chillar abwärts zu benutzen. Das ist aber eine andere Geschichte.

Dank der Piste stellen nun Gestrüpp und Dornen sowie die Navigation kein Problem mehr dar und der Genußanteil der Wanderung gewinnt zunehmend die Oberhand. Ab der Hoya del Chillar, bei etwa 850 m, steigt die Piste enlang des Loma del Iman gleichmäßig an und führt, teilweise durch schönen Pinienwald, um den Kessel herum. Sie überquert den Quellbach des Rio Chillar (letztes Wasser) und gewinnt dann weiter an Höhe. Kurz nach der Ruine des Refugio del Cuervo (nur noch die Plattform ist vorhanden) erreicht sie einen Paß und höchsten Punkt des Tages bei 1560 m (WP 2). Wer noch Kraft und Lust hat kann von hier aus einen kurzen Abstecher auf den benachbarten Gipfel der La Cadena einschieben. Während sich beim Aufstieg zum Paß dem Blick zurück immer vollständigere Panoramen der Berg- und Küstenlandschaft im Süden entfalten (Bild 4, 5), eröffnen sich ab Erreichen des Passes großartige Ausblicke nach Norden und nach Westen bis zur Sierra Nevada. Am Puerto de Frigiliana (Wp 4) trifft die Piste, am tiefsten Einschnitt in die Gebirgskette, auf den Endpunkt der übriggebliebenen von Süden kommenden Vereda von Nerja nach Granada. Ihre Fortsetzung nach Norden ist unter der nun gepflegten Piste, die nach La Resinera führt, verschwunden. Der erhaltene historische Weg führt schließlich direkt zur Venta Panaderos, an einem Quellbach des Rio Higueron gelegen, dem im Umkreis von mindestens 5 km besten Platz für ein Camp (WP 5, Bild 6).

Die Ruinen des Systems Vereda/Venta sind übriggebliebene Zeugen einer Zeit, die vermutlich bis ins Mittelalter zurückreicht. Die bedeutendsten Stücke dieses Wegesystems lassen sich zwischen Acebuchal und Puerto de Frigiliana sowie zwischen Competa und Jatar über den Puerto de Competa, dem zweiten tiefen Einschnitt in die Sierras, finden. Das Wegenetz der Veredas, engmaschig bestückt mit Ventas als gastlichen Versorgungspunkten, verband hier die Küste mit Granada. Die Maultierzüge mit Waren aller Art (sogar Frischfisch) überquerten die Berge auf ausgebauten aber schmalen Pfaden, gerade eben breit genug für ein Maultier. Charles Davis liefert in seinem empfehlenswerten Wanderführer "Walk the Axarquia" ein wohl an den Wilden Westen angelehntes sympatisches Stimmungsbild darüber, wie es auf einer Vereda wohl zugegangen sein könnte: "Fast food it was, too, or rather fast drink, former teamsters recalling how they would nip into each bar and knock back a quick brandy before hurrying out to catch the mule train as it continued unsupervised up the trail."

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Alexander Sy, Kiel, Alemania